Man muss wohl dabei gewesen sein, damals, in den 60er Jahren in Manhattan, als die Werbeindustrie der Madison Avenue boomte, und die Agenturen nicht aus kleinen überfüllten Büroräumen bestanden, sondern aus großzügigen Lofts, in denen jeder Besserverdiener seine eigene Sekretärin und Minibar im Büro hatte. Genau in dieser, zu jener Zeit schillernden, Werbewelt spielt die großartige und durchaus zu Recht mit dem diesjährigen Golden Globe für bestes Drama prämierte AMC-Serie Mad Men. Hauptfigur ist der Kreativdirektor der fiktionalen Agentur Sterling & Cooper – Donald Draper, ein attraktiver Mann um die 40 mit knallhartem Gespür für das Geschäft und die Wünsche der Kunden, die von Folge zu Folge unterschiedlich sind. Mal heißen sie Coca Cola, mal Lucky Strike, und was stets mitspielt ist der kulturelle Aspekt, der die Zeit und vor allem den Umschwung Anfang der 60er Jahre in den Staaten wiederspiegelt. Seien es kritische Themen wie das Bewusstsein der Schädlichkeit von Zigaretten, das die Agentur abwenden muss, humorvolle Themen wie ein Auftrag für Abführmittel oder die ersten elektrischen Hometrainer, oder der die erste Staffel immer wieder durchziehende Wahlkampf zwischen Kennedy und Nixon – Mad Men gelingt eine ungemein realistische (wenn man den Leuten die dabei waren glauben darf) und detailverliebte Darstellung einer aufregenden und vor allem umbruchhaften Zeit, die nicht nur in Sachen Outfit und Charakterdesign Maßstäbe setzt. Gepaart mit der permanenten Bigotterie innerhalb der Agentur, dem so schamlos dargestellten Kettenrauchen und übermäßigen Alkoholgenuss, dem ersten Aufstreben von Frauen in Führungspositionen, Homosexualität (zu dieser Zeit durchaus noch ein Tabu) sowie den ständig wechselnden Affären der Charakter, wird Mad Men nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch zum Zeitdokument. Und in all diesem Wahnsinn steckt Don Draper, der zwischen Arbeit und Affären eine distanzierte Ehe mit zwei Kindern und einer bildhübschen, aber von psychischen Problemen geplagten Frau führt, aber ständig auf der Suche nach Erfüllung, und gleichermaßen auf der Flucht vor sich selbst ist, scheint er doch nicht der zu sein, der er vorgibt…
Mad Men, erschaffen von Matthew Weiner, der sich auch schon für Teile der Sopranos verantwortlich zeigte, ist ein kleines Meisterwerk, mit exzellenten Dialogen versehen und nie über die Stränge schlagend, fast schon reserviert wirkend, aber gleichermaßen intellektuell fordernd, wie es für mich keine Serie seit 6 Feet Under und The Wire geschafft hat. Die zweite Staffel geht gerade ihrem Ende zu. Ob man die Serie jemals in Deutschland sehen wird? Ich bezweifel es, dafür ist der Inhalt eben doch zu amerikanisch, aber nicht minder belohnend.