Premiere bei TheLastBeat! Diesmal stellen wir nicht nur einen gänzlich unbekannten Künstler vor, sondern bieten gleichzeitig auch ein ausgewähltes und exklusives Album von ihm an – gratis, versteht sich. Warum wir uns zu diesem Schritt entschlossen haben? In erster Linie, weil wir von der hohen Qualität seines Outputs überzeugt sind, und weil vielleicht auch der ein oder andere Leser Gefallen an den komplexen Soundscapes findet.
Unter dem Namen Robert Cladding, nur eine von vielen Inkarnationen seiner muskalischen Persönlichkeit, feilt der Produzent aus Jena schon seit einigen Jahren an seinem eigenen Stil. Seine Tracks überraschen schon beim ersten Hören durch ihre unmittelbare Klangsprache und ihre hohes musikalisches Niveau. Mit Stil und Gefühl treffen technische Präzision auf den unbedingten Wille die Seele direkt und ungeschönt sprechen zu lassen, so dass durchaus auch Vergleiche mit bekannteren Namen der IDM-Szene nicht hinken. Besonders auffallend insbesondere auf dem für uns exklusiv zusammengestellten Linie 5.2 ist die musikalische Disziplin, über die sich die einzelnen Tracks entfalten. Fernab jeglicher Schubladen zeigt Cladding die Fähigkeit, der Klangästhetik wohl klassischer Schule, die ein oder anderen neuen Idee hinzuzufügen. Auf Linie 5.2 findet sich zweierlei: zum eine düster, kühl klingende abstrakte Soundscapes, in denen sich der Rhythmus jeglicher Formalistik versagt, zum Anderen aber auch erstaunlich offenherzig warme Tracks, welche durch klare, aber vielseitige Beatsprache getragen, direkter sprechen.
# Album: Robert Cladding – Linie 5.2 (.Zip / 75 MB)
Lassen wir die Frage, ‚wer‘ Du wirklich bist mal außen vor und bleiben bei Robert Cladding und das Du aus Jena in Deutschland kommst. Wo liegen deine musikalischen Ursprünge, welche Musik war als erstes in deinem Leben wirklich wichtig für Dich?
Mein Interesse für elektronische Musik wurde so gegen 1993/94 geweckt. Alles was bis dahin im Radio kam hat mich ziemlich kalt gelassen oder peinlich berührt. Der Zugang kam hauptsächlich über Freunde. Wir waren etwa 15, haben die Plattenläden in unserer näheren Umgebung ausgekundschaftet, schnell erfahren, dass es weit mehr gab als Rave und unser gesamtes Taschengeld für Platten aus dem Fenster geschmissen. Gekauft wurde so ziemlich alles: Techno, House, Elektro, Jungle, Trip Hop, Nichteinzuordnendes und das andere, was man wahrscheinlich falsch einordnet. Meine frühen Favoriten waren unter anderem LFO, Autechre, Squarepusher, Like-A-Tim, Alec Empire, Jiri-Ceiver, Aphex Twin und Pan Sonic.
Welche Clubmusik und Kultur hat Dich geprägt?
Ich glaube das Beste an der damaligen Zeit waren unsere eigenen kleinen Parties hier in Jena und Umgebung. Wir nannten uns „der Gartenhausverlag“. Haben immer mal im Kassablanca aufgelegt. Hauptsächlich noch zu Zeiten als es noch nicht die große Halle gab und die Parties im Turm stattfanden. Tanzfläche = 15 m², geschätzt. Mitte der 90er gab es hier sonst so einige inoffiziellen Veranstaltungen an berüchtigten Orten und auch ein paar wirklich hübsche Parties im Kassa. Trotzdem waren wir etwas zu jung. Wenn 15/16-jährige auf Parties gehen wo sonst alle älter als 18 sind, fällt das leider auf. Als ob die Kleinen mit den großen Spielen möchten. Aber letztendlich hat die Musik alles bestimmt und derartige Ideen verdrängt.
Heute gehe ich seltener weg. Und was elektronische Musik betrifft, ist Weimar, hier gleich um die Ecke, wahrscheinlich etwas innovativer oder abwechslungsreicher für mich. Ab und an bin ich in Berlin oder geh mal aufs Melt!. Aber Festivals sind eigentlich für mich der musikalische Overkill. Da schalte ich irgendwann ab oder muss raus. Darüber hinaus bleibt nicht soviel Zeit, wenn man tagsüber seine Brötchen verdient und nachts Musik machen will.
Wie bist du zum Produzieren abstrakterer elektronischer Musik gekommen? Und gab es einen initialen Moment?
Abstrakt? Findest du? Naja, ich kann jedenfalls für mich keine abstrakte Musik machen. Das wäre doch der totale Schwachsinn, oder? Einen initialen Moment gab es nicht, Musikmachen war von Anfang mit dabei. Den technischen Einstieg gab es sehr früh über Fasttracker unter MS DOS. Später kam noch etwas klassischer Klavierunterricht dazu. Ich habe früher viel und gerne gemalt, musste auch auf so ne scheiß Kunstschule, die alles abgetötet hat. Die elektronische Musik war da wie Musik zum sehen. Hell/Dunkel, offensichtliche oder vielleicht sogar etwas brutale Strukturierung. Diese Musik war selbstkonsistent. Es ging um nichts anderes. Einfach Musik und Tanz oder nur Musik.
Worauf legst Du besonderen Wert, wenn es konkret ums Musizieren geht?
Während des Machens auf Gefühl und Liebe zum Klang. Auch etwas Kitsch. Der bringt für mich das Menschsein in die Maschinenwelt. Das darüber Nachdenken kommt beim Hören oder beim Kaffee und der Zigarette, oder, oder… Im Allgemeinen muss Musik für mich eine gewisse Direktheit haben oder Authentizität. Irgendetwas, was ich dem Künstler glauben kann. Ein Beispiel wäre für mich: Alec Empire, Low On Ice, 1995. Eine unmissverständliche Platte. Direktheit ist auch das persönlich schärfste Kriterium für meine eigene Musik. Daran gehe ich regelmäßig zugrunde. Wenn nämlich alles nur auf Beat- oder Sounddesign basiert, werde ich mürrisch. Obwohl, – Beat geht noch. Ich denke vor 10 Jahren hatte ich ein ähnliches Ziel, welches mich beim Musikmachen antrieb. Allerdings wird man älter, man macht seine Erfahrungen und die wirken auf den Prozess.
Was gibt es noch über deine Produktionsweise zu erzählen? Wie stehst Du reinen Laptopmusikern gegenüber? Gibt es welche, mit deren Musik Du etwas anfangen kannst?
Wie die Leute ihre Musik machen ist belanglos und interessiert mich auch relativ wenig. Ich meine, wenn alles nur aus Presets besteht, dann hört man relativ schnell die Klangerzeugung heraus. Aber sonst? Man kann mit Software oder Hardware oder beidem einen super Klang erzielen. Gute Laptopkünstler würden auch mit Hardware geile Mukke machen. Als Sequenzer kommt Logic 5 zum Einsatz. Manchmal in Kombination mit einem Yamaha RS7000 Hardwaresequenzer. Was ich unbedingt benötige ist ein flexibles Midirouting. Mittels der Environment von Logic lässt sich, was Midi betrifft, so ziemlich alles anstellen. Ich arbeite sonst weniger mit dem Computer, sprich virtuellen Instrumenten oder Softwareeffekten. Der Sound kommt aus den Geräten. Für einen Track editiere und lege ich die Klänge von vorne herein weitestgehend fest. Früher war das anders, aber mittlerweile finde ich es interessant sich von Beginn an etwas klanglich zu definieren. Anschließend werden Sequenzen gebaut. Dann mach ich am liebsten den Monitor aus, dimme ein wenig das Licht und improvisiere. Dann gibt es nur noch Midiregler und Mischpult. Ich muss die Zeit fühlen, um die Dynamik zu wissen. Das geht am besten im Jam.
Würdest Du sagen, das Plus deines Outputs liegt mehr auf der Sounderlebnisseite oder geht es Dir auch um das Körperliche, die Tanzbarkeit?
Prinzipiell beides. Ist auch nicht immer leicht zu unterscheiden. Aber das Klangerlebnis überwiegt wohl etwas.
Welche aktuelle Musik hörst Du im Moment gerne?
Ich höre derzeit wenig Aktuelles. Bin leider ne absolute Blinze, seitdem ich das Auflegen völlig vernachlässige und kaum mehr Platten kaufe. Höre mein Zeug, das von Freunden, oder von denen, die ich schon immer super fand. Manchmal gibt es allerdings auch etwas von der Sorte Bach, Mozart oder Bartok, … Aber meistens höre ich tatsächlich nur meinen eigenen Scheiß ;)
Wo und wie und mit welchem Material ist das spezielle Set für thelastbeat.com entstanden?
In unserem Wohnzimmer während meine süße Freundin schläft. Sie ist glücklicherweise sehr tolerant. Mit nem externen Studio kann ich mich nicht anfreunden. Ich habe das mal ein viertel Jahr probiert. Aber die Geräte müssen einfach immer in Reichweite sein. Den Rest der Frage beantworte ich sehr unromantisch: Yamaha, VL1, Kawai K3m, NordRack2, Nord G2, Control Synthesis DB9, Yamaha SY99, Ensoniq EPS16+, Ensoniq DPpro und DP4, Shure Auxpander, und billiges Behringer Zeug. Mischpult, Kompressoren. Die Stücke sind allesamt Jams, teilweise ungeschnitten.
Wie steht es mit Veröffentlichungsplänen und bist Du für Remix-Anfragen zu haben?
Ich bin sehr sehr faul was das betrifft. Demo CDs vorbereiten ist für mich ein Graus. Wenn sich mal was ergeben sollte, freue ich mich. Remix? Gerne, kommt aber definitiv auf die Musik an.
Falls also jemand Robert Cladding kontaktieren oder ihm einfach nur Feedback geben möchte, kann dies am Besten über seine MySpace Seite machen: www.myspace.com/endoismusic. Ansonsten hoffen wir, dass der ein oder andere Gefallen an seiner Musik findet, die vielleicht auch bald in Form eines „richtigen“ Release, sei es digital oder physikalisch, verfügbar sein wird.
Ja ich will das Album. Ohne Wenn und Aber !
JENA RULEZ! ganz grossartiger sound… mehr davon.