Ich habe mir die Tage das neue Album A Careful Ecstacy von Bvdub auf Darla gekauft. Es war wie schon die letzten Male keine Frage des obs, sonder des wanns. Weil ich weiß, dass es mir gefallen wird. Weil Brock van Wey meiner sicherlich nicht ganz objektiven Meinung nach noch nicht einen schlechten Track in seinem Leben veröffentlicht hat. Weil ich bereit bin, auch mehrmals im Jahr für seine Musik zu zahlen, wenn dieser Mann eben mehr als ein Album pro Jahr herausbringt – was er regelmäßig tut. Und natürlich finde ich auch A Careful Ecstacy wieder großartig, nach den ersten Hördurchgängen vor allem Through the Lower Room, We Rise Higher.
Aber dieser Beitrag soll kein Review sein. Wer Bvdub kennt, wird wissen, was ihn erwartet. Stattdessen wundere ich mich einmal mehr, wieso gerade seine Musik mein Leben in den vergangenen drei, vier Jahren begleitet hat wie niemand anderes. Wieso das so ist, fällt mir meistens wieder ein, wenn ich Interviews mit Brock van Wey lese, die meiner Meinung nach zu den aufrichtigsten und reflektiertesten gehören, die man in diesem Geschäft bekommt. Wie auch unlängst auf Secret Thirteen bewiesen (einem großartigen Blog mit dem vielleicht besten Podcast zur Zeit, das nur am Rande). Denn immer scheint es, als wüsste ich genau, wovon er spricht.
Man muss an dieser Stelle sagen, dass ich, wie wohl die meisten Musikfans, eine recht kindlich-romantische Einstellung habe, in der ich versuche, aus der Biografie von Musikern auf mein eigenes Leben zu schließen, Brücken zu schlagen und Verbindungen zu knüpfen, um aus Musik und Texten eine tiefere Bedeutung zu finden. Ich glaube, jeder macht das auf die ein oder andere Weise mit der Musik, die er wirklich gerne mag. Selbst wenn sich in vielen Fällen die Menschen dahinter beim genaueren Hingucken als ziemliche Klappspaten herausstellen. Wie die meisten Leute eigentlich.
Bvdub jedenfalls bezeichnet sich selbst als „einen OCD-geschädigten Misanthropen, der nur selten das Haus verlässt und meistens Videopiele spielt wenn er nicht gerade Musik macht oder arbeitet“. Als jemand, der vor zwölf Jahren alleine von San Francisco nach China ausgewandert ist, um einen Teil seiner Vergangenheit hinter sich zu lassen (in der er ein „ziemlich großer Trashtalker“ war, wie er erzählt). Als einen Einzelgänger, der gleichzeitig in Nostalgie lebt und zu viel Zeit damit verbringt, sich mit der Vergänglichkeit und Nutzlosigkeit des Seins zu beschäftigen. Die Worte, die van Wey an anderer Stelle sagt enthalten vielleicht mehr als alles andere die Essenz seiner Musik:
Basically the fact that I think way too much about everything, and always have. I’ve always been one of those people that, as trite as it sounds, feels most alone when I’m among other people. For me, there is no escape from loneliness in life – partly due to the fact that we are, technically all alone in it, from beginning to end, no matter how much we like to convince ourselves otherwise – but it’s a feeling I’ve embraced ever since I was literally old enough to know what it was. Life, to me, is all about loneliness, and I think it’s beautiful.
Es ist natürlich anmaßend, zu behaupten, man würde Musik im gleichen Sinne verstehen wie der Künstler. Man könnte wissen, was dahintersteckt und fühlen, was er oder sie gefühlt hat. Musik wirkt wie gesagt immer nur, weil sie auf das eigene Dasein und Erinnerungen projiziert wird. Aber ich glaube, dass sich Hörer und Künstler unbewusst annähern können, wenn ihre Situation vergleichbar ist, und man eine gleiche Mentalität und Bewusstseinshaltung vertritt.
Das genau das der Moment ist, in dem man sich in Musik verliebt, in dem Noten zu Emotionen werden, Liedzeilen zu persönlichen Briefen. Der Moment, in dem man an seinem Innenhof-Fenster in Berlin-Friedrichshain steht und glaubt, dass dort irgendwo, 8.000 Kilometer entfernt in China oder wo auch immer jemand sitzt und sich gerade selbst ein musikalisches Gedicht schreibt, in dem du zufällig auch als Empfänger drinstehst. Ja, das ist naiv und schlicht Unsinn.
Aber ich mag das trotzdem sehr gerne glauben.
Äh, bin gerade platt. Du schreibst nicht nur iiiiirgendwie so wie ich, D…du denkst iiiiirgendwie auch wie ich. Vielleicht. I have proof: http://dreikommaviernull.blogspot.de/2012/03/2011-1-bvdub-tribes-at-temple-of.html
Möchte nicht anmaßend erscheinen, und was ich am Ende des Tages sagen will: das ist ein ganz wunderbarer Text über eine wunderbare Musik.
Bestes,
Flo
Brüder im Geiste :)